Burnout: Erschöpft - zurückgezogen - verbittert
Der Begriff Burnout ist in aller Munde, aber dennoch noch keine allgemein anerkannte medizinische Diagnose. Für die Betroffenen, deren Zahl in den letzten Jahren drastisch angestiegen ist, ein extrem belastender Zustand, mit oft schwerwiegenden Auswirkungen auf die Gesundheit und Lebensqualität, aber auch auf den oder die Lebenspartner(in), Familie, Freunde und andere Menschen im engeren sozialen Umfeld.
Unter Burnout verstand man ursprünglich die Folgen beruflicher Überbeanspruchung verbunden mit einem zunehmendem Gefühl der Entfremdung und Sinnlosigkeit - vor allem in Berufen mit täglicher "Emotions- und Beziehungsarbeit", also helfender Berufe im sozialen, medizinischen und pädagogischen Bereich. Dabei litten die Betroffenen unter emotionaler Erschöpfung, innerer Distanzierung, äußerem Rückzug und schließlich drastischem Leistungsabfall.
Inzwischen hat sich das Feld der Burnout-Betroffenen deutlich erweitert: Das äußerst komplexe Beschwerde- bzw. Leidensbild findet sich bei immer mehr Menschen - die Symptomausprägungen sind dabei höchst individuell: anhaltende Erschöpfung, depressive Phasen, Hoffnungslosigkeit, psychosomatische Beschwerden, wie Schlafstörungen oder auch Magen-Darm-Probleme, häufige Kopfschmerzen bzw. Migräne, Herz-Kreislauf-Beschwerden ... - ein Fächer an möglichen Symptomen, der eine entsprechende Diagnose oft schwierig macht.
Dennoch - fortgeschrittene Burnout-Prozesse lassen sich in der Regel in drei Bereichen feststellen:
- reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit (nach einer längeren Phase zunehmend verstärkten Einsatzes), - Depersonalisierung: negative, innerlich zynische Haltung; zunehmende innere Distanz zu sich und anderen und ...- emotionale Erschöpfung: abnehmendes Mitgefühl für andere, gedämpfte emotionale Reaktion.
Das Risiko, in einen Burnout-Prozess zu geraten, hängt von völlig unterschiedlichen Faktoren ab. Diese finden sich zum Teil auf der Ebene der persönlichen Erlebens- und Verhaltensmuster (z.B. Perfektionismus, Nicht-Nein-Sagen-Können, Verdrängen oder Ignorieren eigener Körpersignale, Helfersyndrom), aber auch im Bereich der Arbeitsstrukturen (z.B. hohe Belastung, ständiger Zeitdruck, wenig oder überhaupt keine Wertschätzung, schlechte Teamkommunikation ...). Besonders gefährdend in diesem Zusammenhang sind ein deutlich reduziertes Selbstwirksamkeitserleben, d.h. die Empfindung, durch eigenen Einsatz nichts oder nur wenig gestalten und verändern zu können, und eine enge Kopplung des eigenen Selbstwertgefühls an Leistung und Anerkennung von Arbeitsergebnissen. Dabei ist es letztlich zweitrangig, ob tatsächlich keine Gestaltungsmöglichkeiten gegeben sind bzw. ob die Leistung nicht vielleicht doch wertgeschätzt wird - entscheidend ist die innere Überzeugung des Betroffenen dazu.
Häufig sind es daher auch Menschen mit Leistungswillen und Idealismus, die ihren beruflichen Aufgaben zwar gerecht werden wollen, dann aber bitter feststellen müssen, dass die erwarteten Erfolge und Anerkennungen ausbleiben. So werden Misserfolge im Arbeitsfeld nicht nur als Kränkungen, sondern sogar als persönliche Niederlagen erlebt. Das führt im Laufe der Zeit zu (weiteren) Beeinträchtigungen des Selbstwertgefühls und einer Vielzahl möglicher Symptome.
Die Symptome von Burnout lassen sich im einzelnen folgendermaßen klassifizieren (nach Matthias Burisch, 1994):
1. Warnsymptome der Anfangsphase
- vermehrtes Engagement für Ziele des Unternehmens (z.B. Hyperaktivität, freiwillige unbezahlte Mehrarbeit),
- Erschöpfung (z.B. chronische Müdigkeit).
2. Reduziertes Engagement
- für Klienten und Patienten (z.B. Desillusionierung, größere Distanz),
- für andere Personen allgemein (z.B. Verlust der Empathie),
- für die Arbeit (z.B. erhöhte Fehlzeiten).
3. Emotionale Reaktionen
- in Form von Depressionen (z.B. Schuldgefühle, Selbstmitleid),
- in Form von Aggressionen (z.B. Ungeduld, Launenhaftigkeit).
4. Abbau
- der kognitiven Leistungsfähigkeit (z.B. Konzentrationsschwäche),
- der Motivation (z.B. Dienst nach Vorschrift),
- der Kreativität.
5. Verflachung
- des emotionalen Lebens (z.B. Gleichgültigkeit),
- des sozialen Lebens (z.B. Einsamkeit),
- des geistigen Lebens (z.B. Desinteresse).
6. Psychosomatische Reaktionen
- in Form von Schlafstörungen, Atembeschwerden, Magen-Darm-Problemen etc.
7. Verzweiflung
- Gefühle der Hilflosigkeit etc.,
- Suizidgedanken.